Rösler definiert Solidarität neu: Wer viel hat, soll weniger zahlen!
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- Erstellt: Mittwoch, 01. September 2010 08:18
Der von Bundesgesundheitsminister Rösler vorgelegte „Referentenentwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-FinG) ist bei der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) auf scharfe Kritik gestoßen: „Dieser Name ist ein Hohn,“ kommentiert die gesundheitspolitische Sprecherin der ISL, Barbara Stötzer-Manderscheid, den Entwurf. „Offen, wenn auch nicht mit lautem Glockenschlag, läutet Minister Rösler damit den Systemwechsel ein – weg von einer solidarisch finanzierten Krankenversicherung hin zur mehr Privatisierung.“
Die Beiträge zur GKV sollen laut Referentenentwurf ab dem 1. Januar 2011 einheitlich auf 15,5 Prozent steigen. Zusätzlich müssen die Krankenkassen die bestehenden Finanzierungslücken schließen. Dazu sollen sie einkommensunabhängige Zusatzbeiträge von den Versicherten eintreiben. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob es sich um eine Rentnerin mit kleiner Rente oder einen gut verdienenden Abteilungsleiter handelt. Alle werden gleich belastet – und die Beiträge automatisch vom Bruttoeinkommen abgezogen. Demgegenüber sollen die Arbeitgeberbeiträge auf 7,3 Prozent eingefroren werden.
„Ein ganz fauler Kompromiss der schwarz-gelben Regierung ist der als ´gerecht und ausgewogen` verkaufte Sozialausgleich“, so Stötzer-Manderscheid. „Die Versicherten können erst dann einen Antrag auf Sozialausgleich bei Ihrer Krankenkasse stellen, wenn zwei Prozent des Bruttoeinkommens überschritten sind.“ Dieser Ausgleich beziehe sich jedoch nicht auf die tatsächlich gezahlten Zusatzbeiträge, sondern nur auf einen geschätzten Durchschnittswert. Werden mehr als fünf Zusatzbeiträge nicht gezahlt, so seien Sanktionen fällig, etwa Säumniszuschläge in Höhe von mindestens 30 Euro.
„Von den neuen Mehrbelastungen sind wir als Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen unmittelbar, überdurchschnittlich und existenziell betroffen“, stellt Stötzer-Manderscheid fest. „Denn über die bereits bestehenden Zahlungen wie Praxisgebühren, gesetzlichen Zuzahlungen und Eigenanteilen sowie Benachteiligungen und Versorgungsprobleme im Gesundheitssektor hinaus werden weiteren Verschärfungen und finanziellen Einschnitten Tür und Tor geöffnet.“ Außerdem verstärke der sogenannte Sozialausgleich eine Bittstellerrolle, da viele Menschen mit Behinderungen nur über geringe Einkommen oder Renten verfügten und nun noch zusätzliche Anträge stellten müssten.Die „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland“ fordert daher die Bundesregierung auf, ihrer Verpflichtung, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, endlich und im erforderlichen Umfang nachzukommen! Die ISL fordert den sofortigen Stopp aller Bestrebungen, die Versicherten in Milliardenhöhe ungleich zu belasten.
Die ISL fordert die Rückbesinnung auf die Wurzeln der gesetzlichen Krankenversicherung, auf die solidarische Finanzierung durch alle Beteiligten zum Nutzen aller Beteiligten! Dieser Gesetzentwurf muss vom Tisch und darf nicht verabschiedet werden!
Die ISL unterstützt das Bündnis „Köpfe gegen Kopfpauschale“ – www.stoppauschale.de Unter dieser Adresse gibt es weitere Informationen zum Gesetzentwurf und Aktionen. So sollen ab sofort Unterschriften gegen die Kopfpauschale gesammelt werden. Die Unterschriftenaktion ist die Basis für eine öffentliche Petition, die Ende Oktober 2010 in den Bundestag eingebracht werden soll.