Persönliches Budget im Rahmen der Kfz-Hilfeverordnung – zweite Runde

Porträt von Uwe Frevert (c) ISL e.V. Der Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) e. V. teilt heute mit, dass die zweite Runde im Streit eines fab-Kunden mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in einem Mediationsverfahren zugunsten des fab-Kunden entschieden wurde.

Wie die kobinet-nachrichten am 19. Juli 2012 berichteten, hatte die DRV als zuständiger Leistungsträger die laufenden Kosten eines behindertengerecht umgebauten Kfz mit Hebebühne, Handgas, Servosystemen und zusätzlichen elektrischen Installationen auf ganze 68,- Euro monatlich veranschlagt und eine Budget-Verhandlung kategorisch abgelehnt. Im weiteren Verlauf kam es nach nötigen Reparaturen an den Behindertenumbauten des Kunden-Kfz zu der Situation, dass die DRV die Rechnungen nicht übernehmen wollte, die Krankenkasse und der Sozialhilfeträger aber mangels Stellung eines Antrags auf Persönliches Budget nicht zuständig waren.
Der Kunde bekam neben Einbußen in der Lebensqualität auch noch Schwierigkeiten im Beruf, da er sein Kfz auch beruflich nutzt. In einer einstweiligen Anordnung (vgl. Anlage) stellte das Sozialgericht Kassel fest, dass die DRV zur Zahlung der infrage stehenden Summe verpflichtet ist.

Für die endgültige Entscheidung über ein trägerübergreifendes Budget wären noch viele Einzelklagen und –prozesse nötig gewesen. Daher einigte man sich auf ein Mediationsverfahren zwischen dem fab-Kunden und der Deutschen Rentenversicherung Bund. Wie unsicher sich die Vereinbarungsträger und das Gericht waren, wer in einem solchen Fall überhaupt zuständig ist, zeigt der Umstand, dass ganze 12 Personen an der Mediationssitzung teilnehmen mussten: Eine Vertreterin der Kranken- und Pflegekasse, zwei Vertreter für die DRV, drei Mitarbeiter des Sozialamts, zwei Vertreter des Integrationsamts, zwei Mediatorinnen sowie der Kläger und seine Rechtsanwältin.

Zum Betrieb und der Instandhaltung eines Kfz erklärten sich der fab-Kunde, die DRV, die Krankenkasse und der Sozialhilfeträger bereit, eine Hilfe zur Mobilität in Form eines Persönlichen Budgets zu vereinbaren.

Herausragend und für Menschen mit Behinderung in vergleichbaren Situationen ermutigend an der getroffen Zielvereinbarung sind laut fab e.V. folgende Punkte:
  • Es wurde ein trägerübergreifendes Persönliches Budget vereinbart.
  • Das Persönliche Budget ist zur Erhaltung der Mobilität im Sinne der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung eingerichtet.
  • Die beteiligten Kostenträger sind
- die DRV (für behinderungsspezifische Umbauten am Kfz),
- das Sozialamt (mit Eingliederungshilfe im Sinne der Hilfe zur Anteilnahme am Leben der Gemeinschaft, auch der Freizeit) sowie
- die Krankenkasse (für Verordnungen zur medizinischen Rehabilitation, d. h: den immer noch so genannten „Krankentransportschein gemäß ärztlicher Verordnung“ für Arztbesuche, Physiotherapie sowie jede andere Art von medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen).

Es wurde ein Persönliches Budget in beträchtlicher dreistelliger Höhe monatlich ausgehandelt, von dem die DRV Bund 45%, die Krankenkasse 18% und das Sozialamt 27% zur Verfügung stellt. Auf den fab-Kunden entfällt ein Eigenanteil von 10%. Das ist zwar ein deutlich höherer Eigenanteil, als ihn die Regelsatzverordnung beziffert, aber der fab-Kunde erklärte sich um der Einigung willen damit einverstanden. Immerhin ersparte die Mediation aufreibende und zeitraubende Prozesse vor dem Sozialgericht.

Beachtlich ist nach Frevert auch, dass trotz der Höhe des gewährten Persönlichen Budgets nicht gefordert wird, Rücklagen für eine Kfz-Neuanschaffung zu bilden, da unverbrauchte Gelder an alle beteiligten Kostenträger anteilig zurückgezahlt werden.

Interessierte können den Beschluss auf einstweilige Anordnung des Sozialgerichtes vom 13. Juli 2012 und eine anonymisierte Fassung der Zielvereinbarung im Anhang einsehen oder aus der e-bibliothek herunterladen und auch bei Uwe Frevert vom fab e.V. in Kassel weitere Informationen erhalten.

Die DRV, bekannt für die zügige, kundenfreundliche Handhabung solcher Sachverhalte, ist nach Ansicht von fab e.V. gerade auch in diesem Verfahren für die bewundernswerte Mischung von Freundlichkeit und Bürgernähe, gepaart mit rasanter Bearbeitung, zu loben:
  • Der Antrag des fab-Kunden auf ein Persönliches Budget im Rahmen der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung datiert aus dem Dezember 2008.
  • Im Mediationsverfahren wurde das Persönliche Budget ab dem 01.09.2012 als vereinbart fixiert, und schon am 15.10.2012, also lediglich 6 Wochen später, schickte die DRV die Zielvereinbarung zu.
  • Eine Auszahlung des Budgets erfolgte unter der Bedingung, dass alle Beteiligten Kostenträger die Zielvereinbarung unterschrieben haben, obwohl es sich normalerweise nur um eine Vereinbarung zwischen der behinderten Person und der Beauftragten handelt.
  • Lobend muss auch erwähnt werden, dass eine Vorauszahlung des Budgets von der DRV zunächst verweigert wurde.

Dass bis zum 18.10.2012 noch kein Geld auf dem Konto des fab-Kunden gutgeschrieben wurde, darf man der DRV angesichts der sonst kontinuierlich durchgehaltenen Höchstgeschwindigkeit nicht ankreiden, wenn man als Vergleich andere Verfahren heranzieht – die Rehabilitation Galileo Galileis durch die Katholische Kirche benötigte 360 Jahre …