Gespräch mit Abgeordnetem zum Bundesteilhabegesetz

Ravensburg: Oliver Straub, der letztes Jahr mit einer Tour vom Bodensee nach Berlin mit seinem Elektrorollstuhl für ein gutes Bundesteilhabegesetz geworben hat, hat sich nun zum Ziel gesetzt, mit den Bundestagsabgeordneten der CDU und SPD in seiner Nähe über nötige Verbesserungen im Bundesteilhabegesetz zu sprechen. Am Samstag sprach der Inklusionsbotschafter mit Waldemar Westermayer, der als Abgeordneter der CDU für den Landkreis Ravensburg im Deutschen Bundestag sitzt.

"Waldemar Westermayer nahm sich eine Stunde Zeit, um mit mir über das Bundesteilhabegesetz zu sprechen.  Kernpunkte, die ich angesprochen habe, waren die Einschränkungen im Wunsch- und Wahlrecht, die Möglichkeit von Seiten des Kostenträgers Assistenzleistungen zu Poolen, die 5 von 9 Punkte Regelung, die Problematik der Trennung von Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege und die daraus resultierende konfuse Verstrickung in der Einkommens- und Vermögensanrechnung", berichtet Oliver Straub.

Oliver Straub erklärte im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten, dass durch das Wegfallen der bisherigen Regelung “ambulant vor stationär“ nun Menschen gezwungen werden können, nach einer Prüfung der Angemessenheit, aus Kostengründen in eine Einrichtung gehen zu müssen. Ist es für diejenige Person zumutbar und kostengünstiger, so habe sie verloren und müsse ins Heim. "Als Vater einer 19 jährigen Tochter mit Trisomie 21 zeigte Waldemar Westermayer Verständnis für das Recht selbst entscheiden zu können, wo, wie und mit wem man leben möchte. Er gestand aber auch, dass es in machen Situationen schon Sinn machen kann, zum Beispiel nachts, Assistenzleistungen zusammen zu legen. Für mich würde es eine massive Einschränkung in meinem selbstbestimmten Leben bedeuten, wenn ich abends zu einer bestimmten Zeit Zuhause sein muss, wenn ich mir mit einer fremden Person die Assistenz teilen muss", erklärte Oliver Straub.

An seinem Beispiel konnte Oliver Straub dem Bundestagsabgeordneten auch klar machen, welche Auswirkungen die Trennung der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege für ihn finanziell bedeutet. Auch wenn die Vermögensgrenze ab nächstes Jahr auf 25.000 € und 2020 auf 50.000 € erhöht wird, bringe diese Erhöhung nur jemanden etwas, der einen sozialversicherungspflichtigen Job hat. "Mit einer Erwerbsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsrente kann ich nicht mal dann Geld ansparen, wenn ich einem 450 Euro Job nachgehe, da ich neben der Eingliederungshilfe auch Hilfe zur Pflege beziehe. Somit bleiben mir nach wie vor nur 2.600 Euro, die ich maximal ansparen darf. Ich erklärte ihm auch das Assistenznehmer, die einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen, sofort wieder in die 2.600 Euro Grenze fallen, sobald sie behinderungsbedingt in Rente gehen müssen. In dem Fall müssen Sie ihr ganzes Geld, das sie bis dahin angespart haben wieder für ihre Assistenz aufbringen. Auch Ehepartner und Lebensgefährten müssen immer noch mit ihrem Einkommen und Vermögen für die Assistenz des Partners aufkommen, wenn dieser Hilfe zur Pflege bezieht und keinen sozialversicherungspflichtigen Job hat", so Oliver Straub. Waldemar Westermayer haben sich betroffen gezeigt und sah auch ein, dass es nach einem Unfall jedem passieren könne. Eine komplette Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung halte er jedoch für unangebracht, da Leistungsbezieher, die sehr wohlhabend sind, auch für ihre Teilhabeleistungen aufkommen könnten. 

Dieser Personenkreis dürfte nach Ansicht von Oliver Straub jedoch sehr sehr klein. Er konfrontierte den Abgeordneten auch mit dem hohen Verwaltungsaufwand und die mit sich bringenden Kosten bei der Berechnung von Einkommen und Vermögen von Leistungsberechtigten. Die 5 von 9 Punkte Regelung erklärte Oliver Straub dem Abgeordneten anhand eines Studenten, der wegen seiner Sehbehinderung auf Assistenz beim Studium angewiesen ist. Da er nur in einem Lebensbereich von 5 erforderlichen auf Teilhabeleistungen angewiesen ist, fällt er nach dieser neuen Regelung raus, bekommt somit keine Unterstützung und wird daher vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt.

 

"Ich hatte einen guten Eindruck von diesem Gespräch. Er hatte für viele Punkte Verständnis, er machte sich Notizen und versprach sich besser in die Materie einzulesen. Ich kann nur jedem Betroffenen empfehlen, ein Gespräch mit seinem Bundestagsabgeordneten zu vereinbaren, um ihm seine persönliche Situation zu schildern. Auch ich hatte beim ersten Gespräch etwas Muffe, doch sind sie auch nur Menschen, die schlussendlich unsere/eure Meinungen und Rechte im Parlament vertreten sollten", so Oliver Straub.