Veronika Maier: Inklusion erfordert Selbstbewusstsein

Mein Name ist Veronika Maier, ich bin 22 Jahre alt und studiere an der Ludwig-Maximilians-Universität katholische Theologie, Skandinavistik und Komparatistik. Durch eine genetische Erkrankung, die durch eine Schädigung der Vorderhornzellen dafür sorgt, dass meine Muskulatur abgebaut wird, sitze ich seit meinem zweiten Lebensjahr im Rollstuhl und bin schwerbehindert. Statt zu laufen, habe ich fahren gelernt – und ständige Abhängigkeit ist eine Lebensrealität für mich. Man könnte nun annehmen, ich hätte erst im Erwachsenenalter von Inklusion erfahren oder würde sie nun erst lernen. Doch ich, die ich noch Jahre vor der in New York erfolgten Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention geboren bin, habe Inklusion schon immer als eine, - als meine Realität - verteidigen gelernt.

Stets haben sich meine Eltern geweigert, mich in Einrichtungen "abzuschieben". Demonstrativ sind sie mit mir in die Öffentlichkeit gegangen und es wurde mit aller Kraft dafür gekämpft, dass ich eine ganz gewöhnliche Schulbildung bekommen konnte. – Nein, es war weder leicht noch schön. Oft sind meine Familie und ich angefeindet worden. Ob nun von Kindern aus dem Kindergarten, den ich besuchte, oder später von Erwachsenen, die der Meinung waren, eine Rollstuhlfahrerin würde nicht in eine gewöhnliche Klasse gehören. Es war ein Kampf und ich habe sehr viele Verletzungen dadurch davon getragen, aber sie haben mich eines gelehrt: Inklusion ist unabdingbar und wenn beide Seiten sich dafür einsetzen, wird es für alle leichter. Dazu braucht es aber Wille, Stärke und Vorbilder.

Und das ist es, was ich in als Inklusionsbotschafterin in meinem Projekt, einer Art Selbsthilfegruppe mit dem Namen "Der Frauenrat", zu vermitteln und zu stärken versuche. Denn, wenn ich aus meiner Biografie eines gelernt habe, dann, dass Inklusion sehr viel Kampfesmut und Selbstbewusstsein braucht. Indem sich Frauen im Rollstuhl miteinander vernetzen, verlieren sie den Status der Einzelkämpferin. Jede von uns merkt, wie wenig "unnormal" sie eigentlich ist. Dass es in Ordnung ist, so zu sein, wie man eben nun einmal ist. – Und dass wir uns für unsere Körper nicht schämen müssen. Dass ein vielleicht nicht so gut funktionierender Körper nicht zu Wertlosigkeit führt. Dass es keine Inklusion ist, wenn wir so tun, als wären wir nicht behindert…

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